Wo es Kakteen, Palmen und regelmäßig tropische Temperaturen gibt, vermutet der durchschnittliche Reisende durchaus auch Bewohner, denen man lieber nicht im Urlaub begegnen würde. Doch wie sieht es tatsächlich mit der heimischen Tierwelt auf Kreta aus und nicht zuletzt auch vor den Stränden der Mittelmeerinsel? Gibt es an Land und im Wasser bissige, giftige, oder sonstwie gefährliche Tiere, von denen man wissen sollte? Wir haben mal unter ein paar Steinen nachgesehen – und leben noch.

Die kretische Tierwelt gilt wie der Rest der Insel als wild und schön. Und interessanterweise trifft das auch auf eine Vielzahl der Insekten zu, die eigentlich sonst weniger fanatische Freunde finden. So gilt in der kretischen Kultur das Haus als gesegnet, welches Gottesanbeterinnen (Mantis religiosa) im Garten hat. Die bis zu 8 cm langen Fangschrecken mit ihrer Vorliebe für sexuellen Kannibalismus sehen martialisch aus, sind aber für Menschen völlig harmlos, ja im Gegenteil sogar Nützlinge im Garten. Auch die riesige und sehr laut propellernde Holzbiene (Xylocopa violacea) ist wie auch die Feldwespe mit ihren charakteristisch im Flug herabhängenden Hinterbeinen oder die europäische Hornisse friedfertig und räumt eher unter Schädlingen auf.
Kretas Skorpione: Giftig, schmerzhaft, nicht tödlich
Tatsächlich trifft man in der vielfältigen Landschaft der südlichsten Insel Europas durchaus für Nordeuropäer eher exotische Tiere. Kleine schwarze Linneskorpione (Euscorpius Carpathicus) etwa finden sich häufig unter Steinen, in Felsspalten oder im abgestorbenem Holz. Die 2-3 cm langen Spinnentiere wandern aber auch gerne im Winter durch Ritzen ins kretische Haus. Wie auch die deutlich größeren und stechfreudigeren, aber selteneren Aristotelsskorpione (Mesobuthus gibbosus) mit ihrer gelblich-helleren Färbung sind sämtliche auf Kreta beheimateten Skorpione giftig.
Der Skorpionstich kann überaus schmerzhaft sein und mit heftigen Schwellungen einhergehen. Auch Langzeitfolgen wie Gewebeschäden sind nicht auszuschließen. Es gibt kein Gegengift, Stiche können lediglich kurativ behandelt werden. Das über den Schwanzstachel injizierte Gift besteht aus Eiweißverbindungen, die durch sofortige lokale Behandlung mit Hitze bekämpft werden können, etwa durch Kerzenwachs oder erhitzte Löffel an der Stichstelle. Sind Kinder, Ältere oder Allergiker getroffen, sollte immer ärztlicher Rat eingeholt werden.


Linneskorpion und Holzbiene: Beide extravagant schwarz, doch nur einer von beiden sticht ©Kretaplan
Spinnen, die Kreter?
Auf Kreta gibt es eine große Anzahl unterschiedlicher Spinnen, die durchaus auch beachtliche bis erschreckende Spannweiten erreichen können. Die meisten von ihnen sind aber auch eher nützlich, da sie die Populationen von Stechfliegen und Mücken dezimieren, die ihrerseits gerne Urlauber wie auch Insulaner anfallen und bekanntlich unangenehme Krankheiten übertragen können. Wenige Spinnen Kretas sind wirklich gefährlich für den Menschen.
So aber doch die Braune Violinspinne (Loxosceles rufescens), ursprünglich in Marokko beheimatet, die selten auch in Häuser auf der Insel Kreta einwandert und immer mal wieder für Todesfälle verantwortlich gemacht wird. Denn der Biss der mit bis zu 9 mm eher unscheinbaren Achtbeiner ist meist schmerzlos, doch das starke Gift sowie aggressive Bakterien im Speichel können das Gewebe um die Bißstelle angreifen und schwer heilende Wunden bis zu Nekrosen verursachen. In seltenen Fällen kann das Gift nicht nur äußere Hautzellen zerstören, sondern tiefer in den Körper eindringen und zu Gerinnungsstörungen und letztlich zum Organversagen führen.
Reptilien & Schlangen: meist schnell weg
Geckos und Eidechsen sind die vermutlich am häufigsten zu beobachtenden Wildtiere Kretas, verlassen aber bei Störung blitzschnell Ihre Sonnenplätze und verschwinden in Mauerritzen. Der bunt gezeichnete Halbfingergecko (Hemidactylus turcicus) verfügt über die ungewöhnliche Fähigkeit, bei Gefahr seinen Schwanz als Ablenkungsköder abzuwerfen. Auch Schlangen gibt es auf Kreta, doch keine der vier auf der Insel heimischen Arten ist für den Menschen gefährlich.
Die bis zu einem Meter lange Balkan-Zornnatter (Hierophis gemonensis) klingt zwar bedrohlich und kann beißen, aber kein Gift injizieren. Die Leopardnatter (Zamenis situla) wird bis zu 1,20 Meter lang, vibriert bei Störung mit ihrem Schwanzende ähnlich einer Klapperschlange, hat eine der Viper ähnliche Zeichnung im Nacken – aber ist ebenfalls ungiftig. Die ansehnlich gemusterte Würfelnatter (Natrix tessellata) kommt meist in Gewässernähe vor, wo sie auch tagsüber jagt. Sie kann bei Bedrohung ein übelriechendes Postanaldrüsen-Sekret verspritzen. Nur die letzte Art, die Katzenschlange (Telescopus fallax), könnte theoretisch mit ihrem Gift dem Menschen gefährlich werden, ist aber nachtaktiv, eher langsam und hat ihre recht kleinen Giftdrüsen so weit hinten im Rachen, dass auch hier ein Biss ohne Folgen bliebe.
Keine Bären und Wölfe auf der Insel – dafür Dachse, Marder und Ratten
Größere Raubtiere gibt es spätestens seit der Antike nicht mehr auf Kreta, Bären und Wölfe kommen höchstens vereinzelt im Norden des griechischen Festlandes vor. Lediglich die beiden nachtaktiven Allesfresser Dachs und kretischer Steinmarder könnten einem in abgelegeneren Inselgegenden und bergigeren Regionen Kretas über den Weg laufen. Doch wie mit der gemeinen Wanderratte kommt man meist nicht persönlich mit ihnen in Kontakt, sondern lediglich mit Fraßschäden an Autos, der Ernte oder einem gelegentlich gerisssenen Huhn. Seitens der Säugetiere droht also keine größere Gefahr auf Kreta.

Auch in Matala werden eher die Wellen als die Fische zur Gefahr für Schwimmer ©Leonhard_Niederwimmer/pixabay
Vor Kretas Küste: Hai, Rotfeuerfisch, Petermännchen
Doch wie ist es vor den Stränden der beliebten Urlaubsinsel mit bissigen Bewohnern – schließlich galt das Mittelmeer einst als sehr artenreich? Wie auch Delphine und Wale kommen Haie in praktisch jedem der Weltmeere vor, so auch in Mittelmeer. Doch Arten wie der Große Weiße Hai, Makos, Riff- oder Hammerhaie, die vor australischen und amerikanischen Küsten häufiger mit Menschenangriffen in Verbindung gebracht werden, sind eher selten und wenn überhaupt in tieferen Gewässern des Mittelmeeres anzutreffen. Wie sich das Hai-Vorkommen mit den immer höheren Wassertemperaturen und dem weiter schwindenden Fischreichtum der Ägäis entwickelt, bleibt abzuwarten.
Ein Profiteur des bereits deutlich erwärmten Mittelmeerwassers ist der Rotfeuerfisch, der aus tropischen Gewässern eingewandert ist und mit seinen giftigen Stacheln schmerzhafte Stiche verursachen kann, allerdings sehr scheu auf Annäherung reagiert. Anders als das Petermännchen, ein strandnah lebender ursprünglich mediterraner Fisch, der sich gerne in den Meeresboden eingräbt und bei Kontakt seine Giftstacheln am Rücken aktiv ausfährt. Wer sich seinen Speisefisch nicht selbst angelt, hat vom ebenfalls neophyten Hasenkopf-Kugelfisch (Lagocephalus sceleratus) nichts zu befürchten – doch der Verzehr des mit dem starken Nervengift Tetrodotoxin strotzenden Einwanderers endet sehr wahrscheinlich tödlich.
Aliens sind gelandet: Portugiesische Galeeren
Eigentlich als eine dieser Horrormeldungen aus noch exotischeren Gefilden wie der Südsee oder Australien bekannt, wo mutmaßlich sowie alles extravagant giftig und potenziell tödlich ist, sind auch Portugiesische Galeeren (Physalia physalis) in Gewässern vor Kreta anzutreffen. Mit ihren blauen bis violetten Schwimmpolypen treibt die sogenannte Staatsqualle, deren englischer Name Man of War (Kriegsschiff) durchaus passend ist, an der Wasseroberfläche. Die manchmal über 10 Meter langen Tentakeln der Portugiesischen Galeere – eigentlich kein individuelles Tier, sondern eine Kolonie von verbundenen Organismen – treiben nahezu unsichtbar im Wasser, um mit ihrem extrem starken Gift vorbeischwimmende Beutetiere zu lähmen. Das Nesselgift verursacht heftig stechende Schmerzen, die leider über Tage anhalten können. Die gute Nachricht: Trotz ihres Giftes hat die Portugiesische Galeere eifrige Fressfeinde, darunter die ohnehin sehr symphatische Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta), die ebenfalls an Kretas Stränden anzutreffen ist.

Klein, aber hinterhältig und überaus schmerzhaft bei Hautkontakt: gestrandete Portugiesische Galeeren ©Kretaplan
Weiterführende Links:
Alles zum Leben vor Kretas Küsten im CretAquarium, Gouves
How to survive a portuguese-man-o-war-sting bei Stoneageman.com
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