Mochlos - Kreta für einen Tag

Veröffentlicht am 7. März 2025 um 12:08

Wäre es nicht schön, wenn man nahezu alle Vorzüge Kretas, der so sehenswerten griechischen Insel mit seiner reichen Geschichte, den dramatischen Küsten, den verträumten Strandbuchten und seiner gelebten Kultur der mediterranen Küche und des gepflegten Tavernenbesuchs, an nur einem Tag erleben könnte? Nicht, dass es empfehlenswert ist, sich sich nur einen Tag für seinen Kretabesuch zu nehmen, doch möglich wäre es – in Mochlos, einem kleinen Fischerdorf an der nordöstlichen Küste der Präfektur Lasithi.

Wenn die Strandparty-Touristen schon längst links abgebogen sind nach Malia, wo es tatsächlich saisonal eine McDonald's-Filiale gibt, ist die sehenswertere Seite Kretas schnell erreicht, wenn man einfach so lange auf der als Autobahn genutzten Europastraße bleibt, bis sie sich als Küstenstraße die Berghänge entlang Richtung fernen Osten schlängelt. Doch eines Vorweg, das Küstennest Mochlos, das sich etwas schüchtern kurz hinter der Bucht von Mirabello am nordöstlichen Küstenstreifen Kretas versteckt, ist durchaus problemlos und ohne ausgedehnte Serpentinenexzesse zu erreichen, was keineswegs auf alle etwas abgelegenen Sehenswürdigkeiten der Mittelmeerinsel zutrifft. Wenn dann die letzten Partytouristen und »Influencer« links nach Voulisma Beach abgebogen sind, hat man die aussichtsreiche Küstenstraße hinter Pachia Ammos fast für sich allein. Und ist bald da, nach rund 45minütiger Fahrt von der Regionalhauptstadt Agios Nikolaos aus.

Auch ohne Mirabello: beste Aussicht

Tatsächlich kann man Mochlos schon von weitem lokalisieren, dann der benachbarte Gips-Tagebau, der sich hier weithin über die Mirabello-Bucht sichtbar in den Küstenfels gefresssen hat, leuchtet ebenso hell und gestreift in der Sonne wie ein Leuchtturm. Tatsächlich führt die westlicher gelegene der beiden Zufahrtsstraßen nach Mochlos mitten durch die Bergbaustelle. Doch die beschilderte Warnung vor Sprengladungen ist auch das Letzte, was die von berghängigen Olivenhainen abgeschirmte Idylle des kleinen Fischernestes stören könnte, die eher an spärlichen Fremdenverkehr denn an entwickelte Tourismusinfrastruktur erinnert. Denn Mochlos ist tatsächlich so klein und zart mit Ferienhäusern gepanzert, dass es fast zu übersehen wäre. Doch ein Fischerdorf findet man letztlich meist recht zuverlässig, wenn die Straße in den Wellen endet. So auch in Mochlos.

Die Bucht von Mirabello mit Blick auf Agios Nikolaos und die Berge zwischen Kavousi und Platanos

Jenseits der Bucht von Mirabello, wo der Gips weiß leuchtet, liegt versteckt das Fischerdörfchen Mochlos   ©Kretaplan

Was mal war: Halbinsel mit Minoern

Archäologische Entdeckungen sind nach wie vor ein recht gutes Indiz dafür, dass sich an einem Ort das Leben aushalten lässt, haben doch vor sehr langer Zeit schon Menschen beschlossen, hier zu siedeln. Auch wenn die Minoer vor rund 4.500 Jahren andere Prioritäten gehabt haben dürften als heutige Besucher von Mochlos, blühte bereits zur minoischen Zeit der Handel, das Kunsthandwerk und der Fischfang. Die einstige Halbinsel, die dem Küstennest einen abgeschirmten Hafen sicherte, ist allerdings im Laufe der Zeit und geologischen Aktivität der Gegend zur heutigen Insel mit Namen Agios Nikolaos geworden. Das einzig verbliebene Gebäude der Insel ist eine kleine weiße Kapelle gleichen Namens.

Wer die us-amerikanisch geführte archäologische Ausgrabung auf der Insel (der Goldschmuck aus den Gräbern ist natürlich nicht mehr vor Ort, sondern im Archäologischen Museum in Heraklion) besuchen möchte und ein geübter Schwimmer ist, kann die rund 150 Meter zur Insel schwimmend zurücklegen, allerdings sind Strömung, Wellengang und Seeigel nicht zu unterschätzen. Doch man fühlt sich danach mindestens wie Indiana Lara Jones geb. Croft. Und kann auf dem Weg noch ein paar untergegangene Reste der späteren römischen Besiedlung der ehemaligen Halbinsel entdecken. Für Wasserscheuere dient ab Mittags ein kleiner Holzkahn in der Bucht zu Füßen der Tavernen, in denen der Bootsmann meist anzutreffen ist, als Mitfahrgelegenheit.

»Hart abhängen« ist hier lediglich etwas für Oktopoden. Aber mit Aussicht auf Agios Nikolaos  ©Kretaplan

Was noch ist – oder eben nicht: Das Gold der Kreter

Völlig unbestätigten Gerüchten zufolge war die Küste Kretas, an der auch Mochlos liegt, in byzantinischer Zeit zahlreichen Piratenüberfällen ausgesetzt, was zur Verlagerung der Handelstätigkeit an weniger abgelegene und vielleicht besser zu überwachende Ortschaften führte. Und genau so fühlt es sich an, wenn man durch die Gassen des gut 120 Seelen Heimat gebenden Dörfchens schlendert, das mit seinem kleinen lokalen Supermarkt und einigen überschaubaren Hotels und B&Bs nur wenig an den Handelsreichtum vergangener Zeiten erinnert. Dafür knüpft eine kleine Olivenholzwerkstatt mit Souvenirshop lose an die handwerkliche Tradition der Minoer. Denn zu den in den Gräbern auf der vorgelagerten Insel gefundenen Beigaben gehörten die wohl ältesten antiken Darstellungen von Olivenblättern – in Form von Haarschmuck aus Gold.

Auf den meist hochmotorisiert betriebenen »Wassersport« wird an den winzigen Sandbuchten und felsigen Badestellen dankenswerterweise verzichtet, eine paar Besucher erschnorcheln sich friedlich die abgeschirmten Gewässer zwischen Insel und Insel. Nur an Feiertagen kann es schon man lebhafter werden mit einheimischen Ausflüglern in der Handvoll preiswerter Tavernen direkt an der See, die das Herz von Mochlos bilden. Wenn möglich, empfiehlt sich dann eine Reservierung. Doch auch das unterstreicht eher den sympathischen Charakter, wenn man sich wie in einer echten kretischen Bergtaverne mitten in einer großen Familienfeier wiederfindet. Und der Fisch ist immer frisch.

©Kretaplan

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.