Wer als Urlauber auf die größte griechische Insel kommt, ist meist entweder mit dem Reisebus oder dem Mietwagen unterwegs, wenn auch nur vom Flughafen zum Hotel und wieder zurück. Obwohl die Verkehrsregeln in Griechenland im Grunde europäischen Standards entsprechen, gibt es doch ein paar Besonderheiten im Straßenverkehr zu beachten, damit der Aufenthalt auf Kreta nicht zu einer teuren und unangenehmen Überraschung wird.

Häufig gilt auf und für Kretas Straßen: Nicht mehr ganz neu, aber läuft irgendwie ©leooonie/pixabay
Griechenland-Urlauber kennen diese Bilder: Der nicht mehr so ganz halbstarke Grieche, der mit Handy am Ohr und Zigarette zwischen den Lippen, aber ohne Helm auf dem Kopf auf seinem modifizierten Motorroller die Strandboulevards entlang patroulliert. Oder der rostige Oldtimer-Pickup japanischer Bauart, dessen Rücklichter scheinbar seit dem Beitritt Kretas zu Griechenland schon fehlen. Oder auch die Gewohnheit, dass der Standstreifen von Autobahnen und Fernstraßen als Ausweichpiste für langsamere Fahrzeuge dient. Der wahrgenommene Verkehr in Griechenland weicht mitunter recht stark von den tatschlichen Regeln und Gesetzen ab, für deren Verkehrsüberwachung die Griechische Polizei (Ελληνική Αστυνομία) zuständig ist. Daher ist in einigen Verkehrssituationen besondere Vorsicht geboten, so beispielsweise bei Kreisverkehren, die es landesweit in unterschiedlichen Dimensionen gibt.
Griechenlands grundlegende Verkehrsregeln
In Griechenland gibt es außerhalb der Ballungszentren in den Hauptstädten nur wenige Ampeln und dafür viele Einmündungen mit Stoppschildern und zahlreiche Kreisverkehre, in denen meist der im Kreisel befindliche Verkehr Vorrang hat. Da es aber durchaus zu Ausnahmen dieser Regel kommt, die nicht immer mit Vorfahrt-achten-Schildern oder alternativ mit den gebräuchlicheren Stoppschildern gekennzeichnet sind, und es auch (selten) unübersichtlichere mehrspurige Kreisverkehre gibt, ist es hier immer und besonders empfehlenswert, sich defensiv an den anderen Verkehrsteilnehmern zu orientieren. Weiterhin gilt ich Griechenland:
- die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h, allerdings oft durch Beschilderung beschränkt. Geschwindigkeitsbegrenzungen sollten vorrangig vor dem Verkehrsfluss als Orientierung dienen.
- Alkoholverbot am Steuer für Motorradfahrer und Führerscheinneulinge (erkennbar am N-Schild am Fahrzeug), sonst 0,5 Promille Grenzwert. Ab 1,1 Promille gilt es als Straftat mit möglichen Freiheitsstrafen.
- Verletzung der Gurtpflicht bzw. Kindersitzpflicht für Kinder unter 12 Jahren oder kleiner 155cm: Bußgeld 350€
Stoppschilder werden normalerweise nicht als Befehl zum Anhalten aufgefasst, sondern eher als eine Vorfahrt-achten-Empfehlung, die lediglich meist zur temporären Drosselung der Geschwindigkeit führt. Wer wirklich anhält, riskiert einen Auffahrunfall.
Helmpflicht? Helmpflicht!
Ja, in ganz Griechenland, einschließlich aller unbeugsamen Dörfer in den abgelegenen Bergen, gilt die Helmpflicht für Fahrer und Beifahrer auf Motorrad, Roller oder unterwegs auf der Sau (=γουρούνα als griechischer Fachbegriff für ATV/Quads). Zwar sieht es in der Praxis allzu oft nicht so aus, doch auch der Beifahrer muss logischerweise eigentlich einen Helm tragen. Und sämtliche motorisierten Zweiräder sind regelmäßig nicht für den Transport von mehr als zwei Personen zugelassen. Doch das Bild auf Kretas Straßen vermittelt allzu oft noch einen anderen Eindruck. Angesichts der anhaltend hohen Zahl von Verkehrstoten besonders unter jungen Zweiradfahrern ohne Helm sah sich ein kretischer Tankstellenbetreiber Anfang des Jahres 2025 dazu berufen, den Leitsatz "Benzin nur mit Helm" einzuführen und Tankwilligen ohne Schutzhelm die Betankung zu versagen. In den größeren Städten Kretas wird mittlerweile tatsächlich vermehrt mit Helm gefahren, doch dieser wird oft noch beim Verlassen der Stadtgrenze Richtung Wildnis zum Lüften an den Lenker gehängt.
Kommt man am Ende heil durch? Oder ist das eine dieser für Eselskarren genormten Straßen? ©Kretaplan
Ahndung von Verkehrsverstößen: Papiere weg
Vielen Urlaubern ist nicht bewusst, dass auch in Griechenland Führerschein, Fahrzeugpapiere und sogar amtliche Kennzeichen vor Ort von den kontrollierenden Polizeibeamten einbehalten werden können, und das bereits als Folge von einfachen Verkehrsverstößen wie Falschparken, Geschwindigkeitsübertretungen oder Fahren mit Handy am Ohr. Diese Unwissenheit mag daran liegen, dass die lokale Polizei oft bei offensichtlichen Besuchern aus dem Ausland ein bis zwei Augen zudrückt, um den reibungslosen Tourismus nicht zu behindern. Doch in einigen urbaneren Regionen Kretas werden Verkehrsverstöße besonders rigoros verfolgt, was zusammen mit einer gewissen Willkür bei der Strafbemessung – die beschlagnahmten Papiere können nach Zahlung der Strafe im Postamt und einer je nach Überredungskunst des Delinquenten dauernden Entzugsphase ausgelöst werden – durchaus zu weniger Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit führen kann.
Rotlichtverstöße werden übrigens im europäischen Vergleich in Griechenland mit 700 Euro Strafe und mehreren Monaten Entzug von Fahrerlaubnis und Zulassung besonders drakonisch bestraft, nur im Hochlohnland Norwegen wird es dabei noch teurer, nämlich 710€ bei Rotlichtverstößen. Wer hingegen lediglich für 15€ Bußgeld eine rote Ampel überfahren möchte, sollte in der Türkei Urlaub machen.
Fahrverbote und Führerscheinentzug künftig EU-weit
Das Europäische Parlament hat eine engere Zusammenarbeit bei der EU-weiten Durchsetzung von Führerscheinentzug nach schweren Verkehrsverstößen auf den Weg gebracht. Fahrverbote von mehr als drei Monaten für hohe Geschwindigkeitsübertretungen, Trunkenheitsfahrten und Verkehrsvergehen mit schweren Unfallfolgen sollen künftig in allen 27 EU-Mitgliedstaaten durchsetzbar sein. Bislang wird das Fahrverbot nur in dem Land der Tat durchgesetzt, nicht aber automatisch im Land, in dem der Führerschein ausgestellt wurde. Zukünftig sollen die Behörden der Mitgliedstaaten Informationen zu schweren Verstößen untereinander austauschen. Was das allerdings im Fall Griechenlands für Folgen hat und wie die Regelung nach der noch ausstehenden formellen Annahme der Regelung durch die 27 Mitgliedsstaaten aussehen wird, bleibt abzuwarten. Bislang ist es üblicherweise so, dass EU-Bürger auf Kreta ihre eingezogenen Papiere nach Zahlung der Strafe am Tag des Heimfluges wieder in der Polizeistation ausgehändigt bekommen und keine weiteren Folgen im Heimatland drohen.

Die Griechen und der Deutsche TÜV
Im Jahr 1985 sind in Griechenland die ersten regelmäßigen technischen Untersuchungen an Fahrzeugen vorgenommen worden, nach Vorbild und in Zusammenarbeit mit dem TÜV Bayern. Auch das deutsche System der bunten Prüfplaketten für die Nummernschilder wurde übernommen – nicht allerdings der Eifer, mit dem die Regularien angewendet werden. Auch griechische PKW müssen seitdem alle zwei Jahre zur Hauptuntersuchung, etwa bei der KTEO (Κέντρο Τεχνικού Ελέγχου Οχημάτων), einer autorisierten privatwirtschaftlichen Prüfstelle. Doch die Einhaltung dieser Vorgabe wird nach wie vor kaum kontrolliert, was zu vielen verkehrsunsicheren Fahrzeugen auf griechischen Straßen führt und sich in Folge auch in der Unfallstatistik bemerkbar macht. In Griechenland werden jährlich noch fast 150 Verkehrstote pro einer Million Einwohner verzeichnet, mehr als doppelt so viele wie in Deutschland.
Weiterhin beklagten private Prüfbetriebe, dass die staatlichen technischen Prüfstellen des Verkehrsministeriums mitunter nicht sehr genau hinsehen und Prüfsiegel gegen Schmiergeld vergeben werden. Ein noch größeres Problem für Urlauber, besonders mit eigenem Fahrzeug angereist, dürfte aber sein, dass ebenso viele verkehrsunsichere Fahrzeuge auch ohne Versicherungsschutz unterwegs sind, was im Falle eines Unfalls für die Geschädigten üble Folgen haben kann. Zwar gibt es einen sogenannten Hilfsfonds, in den die griechischen Versicherungsgesellschaften einzahlen müssen, und der bei der KFZ-Versicherung als Absicherungsleistung gelistet wird – doch dafür ist eine polizeiliche Erfassung des Unfalls nötig. Demnach sollte bei jedem Verkehrsunfall in Griechenland darauf bestanden werden, die Polizei hinzuzuziehen (landesweite Telefonnummer: 100).

Auch ein griechisches Problem: Fehlende oder (zum Spritsparen) ausgeschaltete KfZ-Beleuchtung ©Kretaplan
Weiterführende Links:
Bußgeldhöhen im europäischen Vergleich
Beschluss des EU-Parlaments zum zukünftigen EU-weiten Führerscheinentzug
Griechen schwänzen TÜV: zum Problem mit der Verkehrssicherheit von Fahrzeugen
Kommentar hinzufügen
Kommentare